Donnerstag, 30. September 2021

In der zweiten Reihe gestöbert (1) – Lea Rabin

Ich gehe weiter auf seinem Weg. Erinnerungen an Jitzchak Rabin

Es ist am späten Abend des 4. November 1995, als sich ungläubiges Entsetzen in Tel Aviv und ganz Israel verbreitet.

Der Ministerpräsident Israels Jitzchak Rabin iwurdeam selben Tag nach einer Kundgebung für Frieden und Verständigung mit der arabischen Welt über eine Zwei-Staaten-Lösung von einem rechtsextremen, religiös-fanatischen Jurastudenten angeschossen und dabei tödlich verletzt.

Als Lea Rabin im ersten Teil ihres Buches von 1997 das Erleben dieses Abends schildert, findet der Leser die Ehefrau des Friedensnobelpreisträgers seltsam sachlich vor, offenkundig ihr Weg, die grenzenlose Trauer über den Tod des Liebsten zu bewältigen.

Gleichzeitig erinnert sie daran, wie nah der Frieden zwischen der arabischen Welt und Israel Ende der 1990er Jahre schien. Längst war ihr Mann, als Generalstabschef der israelischen Armee gefeierter Held des Sechstagekriegs von 1967, vom Falken zum Friedensboten geworden Für dessen politische Positionen stand der Friedensprozess von Oslo und der Handschlag mit PLO-Chef Yassir Arafat im Garten des Weißen Hauses in Washington unter der Vermittlung des US-Präsidenten Bill Clinton stand.

Mit dem Tod Rabins verlor der Oslo-Prozess rasch an Dynamik, ein Geschehen geriet ins Abseits, mit dem viele Israelis und Araber so große Hoffnungen verbanden.

Heute erscheint der Friedenswille der 1990er Jahre unsagbar fern, ferner denn je.

Lea Rabin hat ihn zeit ihres Lebens unbeirrt propagiert.

Sie verstarb am 12. November 2000 im Kreise ihrer Nächsten in der Stadt Petach Tikwa (Israel).


Über: Lea Rabin Ich gehe weiter auf seinem Weg. Erinnerungen an Jitzchak Rabin, Droemer Knaur, 1997, 442 Seiten, ISBN 3-426-26975-9

Wer mehr über das Israel von heute erfahren möchte … ein Lesetipp:

Tuvia Tenenbom Allein unter Juden Eine Entdeckungsreise durch Israel, Suhrkamp Verlag Berlin,
2014, 473 Seiten, ISBN 978-46530-1

Samstag, 7. August 2021

Endlich ein Neubeginn ...

Zugegeben: Es war eine lange (vielleicht zu lange) Trockenzeit in diesem Blog. Nur zögerlich wagen wir uns erst jetzt wieder hervor, nachdem in der Vergangenheit an den publizierten Beiträgen mit juristischer Verfahrensdeckung nicht nur sachliche Kritik geübt wurde. C’iest la vie!

Ortsausgang Gatersleben, Richtung Quedlinburg
Foto: privat
Zukünftig sollen vor allem anspruchsvolle Texte und gute Bücher, teils vielleicht schon antiquarischer Natur, aber garantiert aus eigener Bibliothek, vorgestellt und besprochen werden.

Dies nicht allein, aber doch vorrangig zum Zweck, manche Leserin und manchen Leser zu motivieren, wieder einmal zum gedruckten Buch zu greifen und in dessen literarischer Tiefe zu versinken.

Und gleichzeitig entsteht vor dem geistigen Auge des Schmökernden seine ganz individuelle, geradezu schemenhafte bildliche Interpretation des Gelesenen, oftmals in gegenteiliger Visualität zur darstellenden, z. B. cineastischen Version des Stoffs.

Und ist es nicht faszinierend? Im Buch kann man sofort und ohne reglementiert zu werden zurückblättern, den Faden neu aufnehmen und anders interpretieren. Wie spannend!

Aber natürlich wird es eher sporadisch auch wieder um das kommunalpolitische Geschehen gehen, vor allem dort, wo man man sich offensichtlich im scheinbar grenzenlosen Absurdistan tummelt. Nicht immer, aber immer öfter? Wenn es dann wenigstens lustig wäre …

Lassen Sie sich also überraschen.


Demnächst hier vorgestellt: Nie war ein Frieden im Nahen Osten so nah… - Lea Rabin Ich gehe weiter auf seinem Weg. Erinnerungen an Jitzchak Rabin, Droemer Knaur, 1997 

Donnerstag, 14. November 2019

Wie erwartet: Bundesautobahn A 36 wird in Sachsen-Anhalt zum Millionengrab. Wer hat, der kann? (I)



Vor einigen Tagen erschien auf der Online-Plattform des Bundes der Steuerzahler Deutschlands e.V. unter dem Titel „Farbänderungen bei Straßenschildern kostet drei Millionen Euro“ ein Beitrag von Ralf Seibicke, Ex-Präsident des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt, in welchem die Millionen schwere, aber sinnentleerte Umschilderung der einstigen B6 thematisiert wird.

Dabei steht das Land Sachsen-Anhalt im Fokus und auch die Stadt Seeland wird tangiert. Bevor dies aber erörtert werden soll, eine Erinnerung an den Artikel „Bundesstraße 6 wird zur A 36 – Der Politposse letzter Teil?“ vom 3. Oktober 2018 auf POLITISCHES SALZLAND.DE:

Der Kreis schließt sich: Am 1. Januar 2019 soll nun die Bundesstraße 6 in die Bundesautobahn A 36 umgewidmet werden.

Damit finden Diskussionen und Planungen ein Ende, die seit mehr als sieben Jahren mehr oder minder geführt wurden,

Den Versuch, eine öffentliche Diskussion dazu anzuregen, unternahm wohl als Erste die Online-Plattform POLITISCHES SALZLAND am 1. Juli 2012 unter der Schlagzeile „Bundesstraße ade, Bundesautobahn ole? - Eine Politposse“ .
Inhalt dieses Beitrags war u. a. ein Offener Brief zum Thema, gerichtet an alle Fraktionen des Kreistags, welcher von diesen mehrheitlich ignoriert wurde.

Deshalb folgten weitere Anmerkungen in den Blogs POLITISCHES SALZLAND und POLITISCHES SEELAND, zuletzt am am 30. März vergangenen Jahres, die alle unkommentiert blieben.
Und auch neue Argumente pro Autobahn gab es nicht, eine Kosten-Nutzen-Analyse offerierte niemand der kommunalpolitischen Öffentlichkeit.

Welchen Nutzen diese Umwidmung nun tatsächlich haben wird, bleibt eine Sache des Gefühls, der Emotionen.

Doch eines steht fest: Die Umwidmung wird teuer, jedoch hat sich bis jetzt niemand aus der Deckung getraut und wenigstens annähernd beziffert, wie viel Hunderttausende oder gar Millionen EURO allein die Neubeschilderung kosten wird.
Wer sich dabei an die Kosten einer Neuanfertigung gestohlener Ortseingangsschilder in Nachterstedt erinnert, dem dürfte bei solchen Überlegungen schwindelig werden.

Samstag, 17. August 2019

Seeland und der Concordia-See (II): Eine unendliche Geschichte. Oder droht das schnelle Aus?


Kein Yachthafen. Und es sind noch Liegeplätze frei.

[…] Völlig nachvollziehbar: Dem Concordia-See droht aktuell erneut eine totale Schließung als Bade- bzw. Wassersportgewässer, weil leichtsinnige Zeitgenossen ihren Zugang zum See über gesperrte Uferbereiche suchen und sich damit in Lebensgefahr begeben.

Unmissverständlich
Das aber kann der Tagebausanierer LMBV keinesfalls verantworten. Wie drängend das Problem ist, lässt sich u. a. in einem gestrigen Beitrag des MDR, Autor: Marko Litzenberg verfolgen.
Und niemand kann es verschweigen: Wird diese Schließung Realität, so wäre dies das endgültige Aus für das ambitionierte Tourismus-Vorhaben „Harzer Seeland“. Trotz des öffentlichen Berufsoptimismus der Akteure.
Doch selbst hier wird eingestanden, dass der erneut sehr heiße Sommer zumindest vorerst wohl sein Ende genommen hat und Badelustige sich mit sinkenden Temperaturen von Wasser und Luft abfinden müssen. Oder fernbleiben.

Was dies jedoch mit einem Blick auf einfache finanzökonomische Zusammenhänge bedeutet, könnte man leichter nachvollziehen, gäbe es in diesem Bereich zumindest ansatzweise Haushaltstransparenz nicht nur für gewählte Abgeordnete, sondern auch die Wählerin und den Wähler.
Denn nicht jede Kommune braucht ihren bescheidenen, ja Mikro-BER. Oder City-Tunnel. Oder die Elbphilarmonie, eine Gorch Fock oder Stuttgart 21. Eine eigentlich pleite Gemeinde ohnehin auf keinen Fall.

So oder so: Für eine kaufmännisch erfolgreiche Rumpfbadesaison am Concordia-See wird es 2019 nicht mehr reichen.

Erneut muss man sich vager Hoffnungen auf die kommenden Saison hingeben. The same procedure as every year?

Schade.

Mittwoch, 7. August 2019

Seeland und der Concordia – See (I): A never ending story und wie sie begann… Erinnerungen

Blick auf den Concordia-See vom Schadeleber Ufer Richtung Nachterstedt, August 2019

Es sei gleich zu Beginn klar gestellt: Allen Engagierten und Enthusiasten rund um den Concordia - See, gelegen praktisch im Herzen der Stadt Seeland, sei nach der Wiedereröffnung des Bade- und Wassersportbetriebs auf einer Teilfläche des Gewässers und dessen Ufers viel Erfolg bei dem Versuch gewünscht, zehn Jahre nach dem auch emotional verheerenden Erdrutsch an der Nachterstedter Uferseite, welcher drei Menschenleben forderte, einen Neuanfang zu wagen.

Doch es seien auch Zweifel an dessen Gelingen angemeldet.

Pegelanzeiger Concordia-See, außer Betrieb
Längst sind alle überschäumen-den Ambitionen der Vergangenheit für ein zuerst überregionales, jetzt regionales Touristenmagnet Seeland, für die der schon lange außer Betrieb genommene Pegelanzeiger des Concordia-Sees in der Nachterstedter Hoymer Straße stellvertretend steht, ad acta gelegt.

Sofern den Autor seine Erinnerungen nicht trügen, begannen die Planungen und Vorhabenbeschreibungen schon irgendwann 1990/91, als der Braunkohleabbau vor Ort noch andauerte, dessen Ende 1994 aber ohnehin absehbar war.
Dann würde das beständige Abpumpen der Grubengrundwässer eingestellt und das nun ansteigende Wasser sollte mit der Zeit einen nutzbaren See entstehen lassen.

Wie diesen aber nutzen? Dazu offerierte der damalige Beigeordnete im Aschersleber Kreistag, der Froser Rüdiger M. irgendwann 1990/1991 den Kreistagsabgeordneten bei einer Sitzung im Ratssaal am Aschersleber Markt (Es gab ja noch den Altkreis Aschersleben.) eine Vision zur Zukunft des heutigen Concordia-Sees.

Die bildliche Darstellung war vielversprechend.

Mit dem See als Mittelpunkt wurde das zu realisierende, überregionale Erholungsgebiet dabei mit dem zu modernisierenden Bahnhof Nachterstedt und dem Passagierflughafen Cochstedt via Shuttle-Betrieb verbunden. Und natürlich stand da schon die Autotrasse B 6n zur Diskussion.

Als Hauptattraktion des Areals aber war am Rande einer Ferienhaus-Siedlung ein Center Parc vorgesehen, das Schwergewicht des Konzepts, zu dem neben der Ferienhaussiedlung auch ein Yachthafen, Ruderbootverleih, ein Hotel, Gastronomie, ein Fahrgastschiffs-Betrieb und Wassersportmöglichkeiten gehörten.

Jedoch wurde die Verwirklichung dieser Träume schnell mit der ökonomischen Realität konfrontiert.

Sonntag, 7. Juli 2019

Offene Gärten rund um den Alten See (III): Fast vergessen? Die See – Heimatliteratur zwischen Paul Geiß und Walter Gährisch


Blick auf die See


Wenn am 27. Juli 2019 um 9:00 Uhr zuerst im Garten von Yvonne und Dieter Kienast in Hoym die zweite diesjährige Präsentation der „Offenen Gärten rund um den Alten See“ startet, dann ist längst klar, dass es den „Alten See“ nie gegeben hat.

Es finden sich weder Ortschronisten, noch Regionalhistoriker oder Schriftsteller, die diesen See erwähnen oder beschreiben.

Ein Beispiel dafür ist der Heimatschriftsteller Dr. Paul Geiss (1871-1949), ein gebürtiger Staßfurter, Mediziner, Aschersleber Stadtverordneter und Förderer des Krankenhausbaus auf dem Aschersleber Dreihügelsberg.

Zu Lebzeiten war Geiß u- a. bekannt durch seine Heimatromane „Rund um den Arnstein“ und „Die Herrin von Langenstein“.

1933 erschien aus seiner Feder die Novelle „Der See“, in welcher der Autor u. a. die Konfliktlage um die Trockenlegung des Sees zwischen Gatersleben und Aschersleben beschreibt, fokussiert in der Person eines Freiherren von Seeburg auf Schloss Wilsleben und dem preußischen König Friedrich um 1745.

Doch als Dr. Walter Gährisch, ehemaliger Stephaneer, in Hannover lebend, irgendwann nach 1981 das Werk im Privatverlag neu herausgab und illustrierte, sah er sich genötigt, den lokalhistorischen Bezug zu relativieren, denn z. B. ein Herr von Seeburg auf Schloss Wilsleben ließ sich ebenso wenig belegen wie die Fehde mit dem preußischen König.

1745/46 war nämlich Friedrich II., genannt „der Große“, preußischer Monarch. Dem Enkel Friedrich I. blieben seine Verdienste um die fortgesetzte Urbarmachung „der See“, doch hatte dessen Großvater schon 1703 die Trockenlegung der Wasserfläche verfügt und beginnend vollzogen.

Donnerstag, 27. Juni 2019

Offene Gärten rund um den Alten See (II): Welcher Alte See? Ein regionalgeschichtlicher Irrtum!


Angesichts beeindruckender Gartenreiche engagierter „Laubenpieper“ der IG Offene Gärten rund um den Alten See gerät natürlich die Frage nach einem Alten See in der Region sowohl in der Moderne wie auch als vergangenes Relikt in den Hintergrund.

Doch bedarf es dennoch einer Richtigstellung: Einen Alten See als Teil der hiesigen Seenlandschaft gab es weder als geschichtlichen Fakt, noch existiert er in der Gegenwart des Harzvorlands zwischen Gatersleben und Aschersleben.

Doch gab es hier schon vor der Zeitenwende eine weite Wasserfläche, durchbrochen von sumpfigen Arealen, kleinen Inseln und Halbinseln, die vom heutigen Aschersleben bis fast bis zum Quedlinburg der Gegenwart reichte.

Da dieser See zunehmend verschlammte, befahl der Halberstädter Bischof Burchard 1446 durch diverse Bauten Frischwasser der Selke in „die See“ einzuleiten, die sich darauf entwickelnde Fischerei sollte u. a. auch die nötigen Mengen Fisch als geschätzte Fastenspeise liefern. 


Noch heute erinnert das Gatersleber Ortsteilwappen an diese Absicht.

Gegen den nachdrücklichen Widerstand der Aschersleber Bürgerschaft begann 1703, verfügt vom preußischen König Friedrich I. (1657 – 1713), die allmähliche Trockenlegung „der See“, um wertvolle Ackerflächen zu gewinnen.

Übrigens: Wenn sich der Autor richtig erinnert, so war die weibliche Diktion „die See“ selbst bis ins 20. Jahrhundert durchaus üblich.

Der Aschersleber Landwirtschaftslehrling wurde noch Mitte der 1970er ausdrücklich „in die See“ bei Frose geschickt, um dort in der Beregnung zu arbeiten, der einstige Seeboden hatte seinen eher sandigen Zustand bewahrt und stand für hohe Fruchtbarkeit, Bewässerung vorausgesetzt.

Heute gelten nur der Aschersleber/Wilsleber/Junkerssee als folgerichtige Überbleibsel „der See“, das Seeland mit rund um den Nachterstedter Concordia-See dagegen ist eine Tagebau-Folgelandschaft, ab 1828 wurde hier Braunkohle im Tiefbau gefördert.

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