Freitag, 24. Mai 2019

Kommunalwahl 2019 in der Stadt Seeland (2): Kurioses und lustlose Pflicht

Wenn übermorgen die diesjährige Wahlkampagne ihren Anschluss findet, enden auch die eher lustlosen und ohnehin raren politischen Debatten um Wünschenswertes und Notwendiges auf kommunaler Ebene ihren Abschluss.

Ohnehin fokussierten sich die langjährigen etablierten politischen Kräfte und weitere mehr als zwei Dutzend Mini-Parteien auf die Wahl zum Europaparlament und nicht die Mühen der Kommunalpolitik in der vor allem ländlichen Ebene.

Das ist auch und zuerst eine Folge der nahezu vollständigen legislativen und exekutiven Entmündigung hier der Ortschaftsräte und Ortsbürgermeister, der eigentlich gefragten Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger mit ihren individuellen Sorgen.

Man muss kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass schon mittelfristig dies dem bürgerschaftlichen Engagement schwer schaden wird.
Eine Reform der Reform scheint unvermeidbar.

Und irgendwie dokumentieren auch Kuriositäten, sicherlich ungewollt, die Lustlosigkeit, ja Nachlässigkeit, mit der für demokratische Mandate geworben wurde.

Dazu zwei Beispiele aus dem Lager der CDU. Zufall oder nicht?

Per Postkarte im Hausbriefkasten meldete sich bereits vor Wochen ***, Kreistagskandidat für Vorharz & Falkenstein, zu Wort und lud den Autor zu einem - wörtlich - „kleinen, feinen Wahlfest“ nach Ermsleben ein, denn dort wolle man auch „für Sie eine gute Truppe mit den richtigen Werten“ sein.

Aha. Dumm nur, dass der Gatersleber im besagten Wahlkreis nichts und niemanden zu wählen hat.

Aber verständlich, hat doch ein fleißiger Wahlhelfer nahe der Kreisgrenze erkannt, dass man in dem im Volksmund „Vogelviertel“ genannten Gatersleber Areal in den Wohnblocks sehr effizient eine größere Anzahl der Wahlwurfsendungen einfach los wird.

Wenige Tage später folgte dann die nächste Postkarte der Edition „CDU – Heimat mit Herz“.


Tim Hase (27) aus Hoym, Sekundarschullehrer in Nachterstedt, beantwortete zunächst die Frage „Wer bin ich?“ und offerierte danach das, was ihm wichtig sei.

An erster Stelle stand dabei die „Einführung der Impfpflicht“. Wie bitte? Wo und wogegen? Und für wen?

Am 14. Mai porträtierte dann die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG („Kommunalwahl:Junge Kandidaten sind Mangelware“) u. a. auch Tim Hase und fand die Antwort auf das „Wo?“.

Natürlich rede Herr Hase hier vom „Seeland“ und (Zitat Hase) „Mir ist wichtig, dass dieses Thema endgültig umgesetzt wird.“

Diesen, zurückhaltend formuliert, Unsinn kann man nur damit erklären, dass Herr Hase hier entweder stark verkürzt zitiert wird oder aber vom Thema nur rudimentäre Ahnung hat.

Wahrscheinlich wohl letzteres, er ist eben kein Jurist/Biologe/Epidemiologe.



Auch den ÖPNV will Herr Hase „bei uns im Blick behalten“, was auch immer das heißen mag. Big brother is watching you?

Die SPD hat aber eine denkbare Antwort darauf und fordert unter „Gemeinsam die Heimat gestalten – Dafür lohnt es sich“ die Verbesserung des ÖPNV durch die Einführung von Rufbussen.


Womit wir beim eher bescheidenen kommunalen Wahlprogramm der SPD wären, personell und inhaltlich offeriert einmalig in einem vierseitigen Hochglanz-Flyer.

Plakativ werden dabei 16 Kandidatinnen und Kandidaten für den Wahlbereich 3 (Stadt Seeland – Stadt Hecklingen – Egelner Mulde) und den Wahlbereich Aschersleben kurz vorgestellt, bei einem Bewerber fehlt das Bild und alle werben u. a. für „mehr Sicherheit durch höhere Polizeipräsenz“.

Natürlich. Wird dafür u. a. die Polizeistation Gatersleben wieder eingerichtet?

Dann gelingt auch sicher die „Förderung von Handwerk und Gewerbe“, wie von der SPD kommunal gefordert.

Man ist enttäuscht ob derartiger Allgemeinplätze, aber wenig überrascht.

Lustlos, uninspiriert und altbacken kommt die SPD hierzulande daher, die große traditionelle Volkspartei ist auch kommunal auf dem direkten Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Scheinbar unaufhaltsam.

Dabei war z. B. Gatersleben noch in den 1990er Jahren eine schier uneinnehmbare Hochburg der SPD.

Was bleibt dabei dem Beobachter? Je nach Standpunkt nur Frohlocken oder Trauer und Resignation?



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